Lebensmodelle ab 65 Jahren

Loring Sittler rezensiert:

Dr. Ernst Bechinie und Judith Barbara Shoukier

Lebensmodelle ab 65 Jahren – Geschichten von Sinn und Erfüllung in der 3. Lebensphase

bellingbooks| 2020 | ISBN 978-3-9524991-7-7

Das Buch bietet mehr als sein Titel verspricht: Auf den Seiten 85-269 sind zwar 23 Interviews als "Geschichten" insbesondere von zumeist internationalen Managern und anderen leitenden Angestellten zu lesen: Sie schildern ihren Lebenslauf und den erfolgreichen Übergang in die 3. Lebensphase sowie die Motive für eine Fortsetzung der Erwerbstätigkeit nach dem Renteneintrittsalter. Die Interviewten geben jeweils abschließend persönliche Empfehlungen für Menschen in einer ähnlichen Lebensphase: das Ganze eine wahre Vorbild-Fundgrube durchsetzt mit jeder Menge fettgedruckter Zitate, die man sich zur Motivation hinter den Spiegel stecken kann. Mehr als im Titel erkennbar, will das Buch gezielt "inspirieren, damit die jetzt kommende Generation sich neu definiert und eigene Vorbilder schafft" und "Möglichkeiten aufzeigen, althergebrachtes aufzubrechen." (S. 21). Angesichts der gesellschaftlich vorherrschenden Einstellung, dass jeder alt werden, aber keiner alt sein will, wollen die AutorInnen zu drei Themen Erfahrungen weitergeben: 1. Vorbereitung auf ein unbekanntes Leben, 2. Unterstützung in der Phase der Veränderung 3. Ermunterung in schwierigen Phasen des Weges. Dies geschieht im ersten Hauptteil des Buches (S: 28-78) durch eine zusammenfassend klärende Darstellung übergreifender Themen, Fakten und Begriffe wie z.B. Loslassen, Haltung, Sinn, Umgang mit dem Alter. Dabei werden auch Aussagen aus den Interviews aufgegriffen - für manche LeserInnen wäre es vielleicht besser, diesen Teil erst nach den Interviews zu lesen, um die Deduktionen besser zu verstehen. Nach den "Geschichten" folgen dann auf den Seiten 270 - 307 noch ein Dutzend guter "Wegbegleiter und Impulse für den Alltag" mit grundsätzlichen Fragen "zur persönlichen Reflexion" und passenden praktischen Übungsempfehlungen. Damit dient das Buch als sehr nützlicher Ratgeber für LeserInnen, die noch nicht wissen, wie es in der 3. Lebensphase weitergehen soll bzw, wo und wie sie konkret anfangen können mit entsprechenden Überlegungen und Entscheidungen und mit welchen Hindernissen zu rechnen ist.
Besonders gefallen hat mir die Warnung davor, "den Sinn zu überhöhen, indem wir ihn ausschließlich in etwas Umwerfendem suchen, in etwas, das weltbewegend ist und uns zu Kandidaten für den nächsten Nobelpreis macht. Dieser Fehler ist unserem Zeitgeist geschuldet, führt aber fast immer zu Enttäuschung und Ernüchterung." (S.52) Dagegen wird immer wieder die Wichtigkeit der Würde, der Freude, des Spaßes und der sozialen Beziehungen und der Eigenverantwortung betont. Sehr gut fand ich auch den ganz handfesten 10. Weg-Begleiter (S.302ff) "Wie gut ist mein Leben im Gleichgewicht?". Dort kann man sich selbst im "Rad des Lebens" in acht zentrierten Themenfeldern ein Zufriedenheits-Profil erstellen. Schade fand ich, dass die Portraitfotos der Interviewten alle am Anfang des Kapitels auf zwei Seiten verteilt, nur in ganz kleinem Format und teilweise nicht in der möglichen Qualität abgebildet sind. Stattdessen gibt es ganzseitige Grafiken am Anfang jeden Interviews - ein großes und hochwertiges Portrait-Foto wäre besser gewesen. Insgesamt ist das Buch aber sehr gut aufgemacht, durch zahllose Hervorhebungen auch im schnellen Durchgang zu lesen: Ein guter Anstoß, die Potentiale des Alters besser zu heben.

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